Ihr Wohlbefinden im Alltag stärken - Übungen

Im Rahmen der Vortragsreihe „Cultiver son bien-être au quotidien“ [„Sein Wohlbefinden im Alltag kultivieren“], die eigens für unser Projekt „Mir geht es gut“ entwickelt wurden, schlägt Ilios Kotsou uns einige Übungen vor, die uns helfen sollen, stärker auf uns selbst zu achten, und unser Wohlbefinden im Alltag zu stärken.
A) Unsere Aufmerksamkeit auf die Wohltaten des Daseins
Eine erste konkrete Anwendung der „positiven Psychologie“ besteht darin, sein Augenmerk bewusst - und vor allen Dingen - auf das zu lenken, was gut geht. Denken wir beispielsweise an alle solidarischen Initiativen, an die Spendenfreudigkeit in unserer Gesellschaft. Der nächste Schritt wird dann sein, unseren eigenen Beitrag zu leisten, damit diese Initiativen noch besser greifen (1).
Schwerpunkt der nun folgenden Übungen ist es, unsere Aufmerksamkeit auf das Positive zu lenken, auf unsere erweiterbare Fähigkeit, unsere Aufmerksamkeit auf Dinge zu lenken, die gut gehen, auch wenn (und vor allem wenn!) es bei bestimmten Dinge in unserem Leben zurzeit hapert.
Übung 1: Drei positive Dinge
Mehr auf das achten, was gut geht, verbessert unser Wohlbefinden im Alltag. Natürlich soll man die Schwierigkeiten nicht leugnen oder sich zwingen, alles durch die rosarote Brille zu betrachten. Vielmehr sollen wir lernen, zu sehen, was geht und den positiven Erlebnissen den ihnen gebührenden Platz einzuräumen.
Praktische Umsetzung: Bevor Sie heute Abend zu Bett gehen, rufen Sie sich drei Dinge in Erinnerung, die gut verlaufen sind, und tragen Sie diese in ein Notizheft ein. Geben Sie Ihren drei positiven Erlebnissen eine Überschrift. („Mein Enkelkind hatte heute einen wunderbaren Schultag“, „Heute Morgen im Bus hat mich jemand angelächelt“).
Schreiben Sie dann alles so detailgetreu wie möglich auf. Beschreiben Sie auch, welche Gefühle das Erlebnis ausgelöst hat, im Augenblick selbst und später, wenn Sie dabei sind, das Erlebte aufzuschreiben („Ich war fröhlich. Jetzt, wo ich alles aufschreibe und mich an die Einzelheiten erinnere, lächle ich und fühle mich voller Energie“).
Übung 2: Qualitäten und Stärken
Wir achten häufig viel zu sehr auf die Fehler (sowohl auf die unsrigen als auch auf die unserer Mitmenschen) und zu wenig auf die Qualitäten und Ressourcen, über die wir alle verfügen. Durch diese Übung sollen wir bei uns und bei den anderen die Charakterstärken und die Qualitäten erkennen, die wir besitzen, um diese auszubauen.
Praktische Umsetzung: Hier unten finden Sie eine Liste mit 6 guten Eigenschaften und 24 Stärken, die im Laufe der Tage zu vervollständigen ist.
Stellen Sie sich folgende Fragen:
- Welche einfachen Dinge können Sie täglich tun, um neue Gewohnheiten zu entfalten und diese allmählich auf Ihre Stärken einwirken zu lassen?
- Fragen Sie sich: „Welche einfache Maßnahme, die für diese Stärke steht, kann ich jeden Tag durchführen?“
- Konzentrieren Sie sich auf eine Ihrer Hauptstärken und denken Sie darüber nach, wie Sie diese anders, unter einem anderen Aspekt Ihres Lebens einsetzen können.
Sie können sich auch dafür entscheiden, an Ihren weniger ausgeprägten aber nichtsdestotrotz für Sie wichtigen Stärken zu arbeiten.
Zum Beispiel:
Kreativität: einmal wöchentlich einen Artikel, eine Kurzgeschichte, ein Gedicht schreiben, ein Bild malen und dadurch Ihre Kreativität fördern.
Hoffnung: Schreiben Sie alle negativen Erfahrungen der letzten 24 Stunden auf. Finden Sie für jede zumindest zwei positive Lehren, die Sie daraus gezogen haben.
Selbstbeherrschung: Wenn Sie sich gereizt fühlen, machen Sie eine Pause und atmen Sie mindestens zehnmal tief ein und aus.
Übung 3: Die Dankbarkeit
Die Dankbarkeit ist eines der am gründlichsten in der positiven Psychologie untersuchten Gefühle. Die Dankbarkeit zu kultivieren verbindet uns mit der guten Seite des Lebens und mit unseren Mitmenschen. Das Gefühl, danken zu wollen, tritt bei unzähligen Ereignissen auf, die wir nicht nur uns selbst zu verdanken haben.
Praktische Umsetzung: Viele Dinge (Erlebnisse, Menschen, Handlungen, …) im Leben, ob klein oder groß, verdienen unserer Anerkennung. Denken Sie über die Ereignisse der letzten Woche nach und schreiben Sie bis zu fünf Dinge auf, die Sie erlebt haben und für die Sie dankbar sind. Sie werden sich an diese schönen Erfahrungen erinnern, die Sie augenblicklich glücklich machen: Lesen Sie regelmäßig Ihre Aufzeichnungen der Vortage.
B) Sich öffnen und seine Gefühle zulassen
Wenn wir eine offene Haltung gegenüber unseren Gefühlen einnehmen, auch gegenüber den unangenehmsten (wie Angst oder Eifersucht), nehmen wir das Leben gelassener und sind glücklicher im Alltag. Mehr über die „Emotionale Kompetenz“ können Sie in unserem speziellen Dossier zu diesem Thema nachlesen.
Übung 1: Unseren Gefühlen einen Namen geben
Wir haben (aus Gründen der Erziehung) nicht alle eine hochentwickelte emotionale Grammatik. Unsere Gefühle zu benennen ist eine erste Etappe, um zu verstehen, wie wir „ticken“.
Praktische Umsetzung: Beschreiben Sie Ihren augenblicklichen Gefühlszustand oder, wenn das für Sie einfacher ist und Ihnen die Worte fehlen, um Ihren Zustand zu beschreiben, malen Sie ein Bild, das Ihre Gefühle beschreibt, dann finden Sie nachher leichter die Worte.
Übung 2: Unsere Gefühle beherrschen
Sie können lernen, besser auf negative Gefühle zu reagieren.
Praktische Umsetzung: Suchen Sie geistig nach einer Situation, die bei Ihnen ein schwieriges (aber nicht übermäßig belastendes) Gefühl auslöst und werden Sie sich bewusst, an welchem Ort in Ihrem Körper dieses Gefühl sich zeigt. Dann geben Sie dem Gefühl eine Form, machen Sie sich eine Vorstellung von seiner Größe, wie es sich anfühlt, und geben Sie ihm Farben. Sie können dieses Gefühl auch materialisieren, indem sie es aufzeichnen und ausmalen, auf einem Papier oder einer anderen Unterlage. Denken Sie mehrmals im Laufe des Tages und in den darauffolgenden Tagen daran, und lassen Sie immer wieder einige Minuten lang das Bild vor ihrem geistigen Auge erscheinen (Form und Farben können sich ändern), damit Sie sich mit dem Gefühl vertraut machen. An dem Tag, an dem das Gefühl Sie unverhofft überfällt, können Sie sagen: „Ach so, hier ist jetzt meine Angst (Wut, Furcht, …). Wie sieht sie heute aus, welche Farbe hat sie?“. Dann werden Sie feststellen, dass das Gefühl Sie nicht mehr so übermannt und Sie nicht mehr die Flucht suchen.
Übung 3: Das Wesentliche erkennen und darauf achten
Was ist für Sie wirklich wichtig? Welche Grundsätze leiten Ihr Leben positiv? Ein Leben in Einklang mit seinen Werten bedeutet, in seinem alltäglichen Verhalten zum Ausdruck bringen, was wirklich wichtig ist und aktiv den Weg einschlagen, der seinem Leben einen Sinn verleiht.
Praktische Umsetzung: Wählen Sie eine konkrete Handlung, die Ihren Werten entspricht. Nehmen Sie sich fest vor, diese heute umzusetzen. Schreiben Sie auf, was Sie genau vorhaben, was Sie heute erledigen und in den nächsten Tagen (2).
C) Eine wohlwollende Haltung gegenüber sich selbst, den anderen, der Natur kultivieren
In dieser letzten Übungsserie geht es um eine wohlwollende Haltung sowohl sich selbst also auch den anderen Menschen und der Umwelt gegenüber. Wohlwollen, Selbstlosigkeit und Liebenswürdigkeit sind Mittel, um sowohl zu sich selbst als auch zu anderen gut zu sein.
Übung 1: Das Wohlwollen gegenüber sich selbst kultivieren
Die Übung besteht darin, auf seine Sprache bei der Selbstkritik zu achten und zu lernen, nachsichtiger mit sich selbst zu sein. Wenn wir hart mit uns selbst umgehen, hat das Auswirkungen: Wir werden deprimierter, können uns weniger entfalten. Wer sich selbst wirklich annimmt, wertschätzt als das was er ist, fühlt sich viel wohler in seiner Haut.
Praktische Umsetzung: Stellen Sie sich vor, Sie sind ihr(e) beste(r) Freund(in). Analysieren Sie dann die Art und Weise, wie Sie mit sich selbst umgehen. Wie sprechen Sie mit sich selbst, wenn etwas nicht klappt oder Sie eine Schwäche erkennen? Verwenden Sie einen harten Ton? Welche Aspekte Ihres Lebens kritisieren sie am meisten?
Übung 2: Sich der Freundlichkeit bewusst werden
Welches war der letzte Akt der Freundlichkeit, den Sie ausgeführt haben? Welches war der letzte Akt der Großzügigkeit, den Sie erlebt haben?
Übung 3: Das Wohlwollen in die Tat umsetzen
- Nehmen Sie sich vor, einmal wöchentlich bewusst freundlich zu sein (wie geringfügig das auch sein mag), wie zum Beispiel einem anderen Menschen einen Platz im Bus zu überlassen, jemandem helfen, seine Einkäufe zu tragen, jemanden trösten oder ihm seine Begleitung anbieten…
- Denken Sie daran, in dieser Woche täglich jemandem ein Lächeln „ohne Gegenleistung“ zu schenken, den Sie nicht kennen.
D) Achtsam leben
Diese offene und wohlwollende Lebenshaltung können wir auch durch die Achtsamkeitsübungen erlernen.
Übung 1: Die innere Wetterlage
Hier können Sie innerhalb von drei Minuten Ihre „innere Wetterlage“ beurteilen, sich zu gleich welcher Tageszeit im Hier und Jetzt verankern.
Praktische Umsetzung: Sie finden eine (kostenlose) Audiodatei (in französischer Sprache) für diese innere Wetterlage sowie andere kostenlose Meditationen auf der Websitehttp://www.ilioskotsou.com/pages/podcasts.
Weitere Übungen sind auf unserer Sonderseite Achtsamkeit zu finden.
Die 6 wichtigsten Tugenden und die 24 damit einhergehenden Charakterstärken
Einstufung der 6 wichtigsten Tugenden und der 24 wichtigsten Charakterstärken oder persönlichen Qualitäten, die einen Menschen als moralisch bewundernswert auszeichnen - Martin Seligman und Christopher Peterson.
Weisheit und wissen |
Mut |
Menschlichkeit |
Gerechtigkeit |
Mässigung |
Transzendenz |
Kreativität |
Tapferkeit |
Fähigkeit zu lieben |
Bürgersinn |
Vergebungsbereitschaft |
Sinn für das Schöne |
Einfallsreichtum |
Ausdauer |
sich lieben lassen |
Teamwork |
Bescheidenheit |
Dankbarkeit |
Originalität |
Fleiß |
Freundlichkeit |
Loyalität |
Demut |
Hoffnung |
Neugier |
Beharrlichkeit |
Großzügigkeit |
Unvoreingenommenheit |
Umsicht |
Zuversicht |
Interesse für die Umwelt |
Authentizität |
Soziale Intelligenz |
Fairness |
Vorsicht |
Zukunftsorientierung |
Urteilsvermögen |
Integrität |
|
Führungsvermögen |
Diskretion |
Humor |
Kritischer Geist |
Ehrlichkeit |
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Selbstbeherrschung |
Fröhlichkeit |
Offener Geist |
Lebensfreude |
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Selbstregulation |
Spiritualität |
Liebe zum Lernen |
Begeisterungsfähigkeit |
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Religiosität |
Weisheit |
Stärke |
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Leben mit einem Ziel |
Verschiedene Perspektiven einnehmen |
Energie |
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Glaube |
1. Kotsou I und Lesire C, „Psychologie positive: le bonheur dans tous ses états“, éd. Jouvence, coll. Psycho Positive, 2011
2. Übung aus „Petit cahier d'exercice d’intelligence émotionnelle“, Kotsou I., éd. Jouvence, coll. Petits cahiers, 2011