Perfekte Eltern, perfekte Kinder?
Es war einmal eine Mutter/ein Vater …
Ihr Elternabenteuer hat mit Sicherheit schon in jungen Jahren in Ihrem Kopf begonnen, genau wie viele andere:
„Als ich noch ein kleines Mädchen war, haben wir oft mit den Puppen Vater-Mutter-Kind gespielt. Ich war die Mutter, den perfekten Vater ließ ich meinen Bruder oder meinen Vetter spielen. Alles ging ganz einfach. In diesem symbolischen Spiel sah ich mich schon als richtige Mutter.
Als Jugendliche habe ich meine eigenen Eltern sehr genau beobachtet. Ich sah vor allem, was sie meiner Meinung nach nicht so gut machten. Sie haben meine Bedürfnisse nicht immer gänzlich erfüllt, und ich habe sie ziemlich heftig dafür kritisiert. Ich habe mir geschworen, es besser zu machen als meine Eltern, die Fehler zu vermeiden, die sie bei mir gemacht haben und die mir das Leben schwer gemacht haben.
Ich habe niemals daran gezweifelt, dass ich selbst einmal Kinder haben würde. Als der Kinderwunsch bei mir und meinem Partner da war, hatte ich eine ziemlich genaue Vorstellung darüber, wie wir als Eltern sein würden (und nicht sein würden). Ich wollte natürlich, dass wir „ideale“ Eltern würden, wie in den Filmen: eine Mutter, die stets lächelt, auch beim Windelwechseln! Ein Vater, der seinen Kindern sehr nahesteht, sie aber gleichzeitig loslassen kann… Ich hatte das Bild eines Paars vor Augen, das die Elternschaft als ständige Quelle der Entfaltung erlebt…“.
Von den Idealen zu fantastischen Mythen
Zu der Liste dieser ersten Klischees könnten wir ohne weiteres folgende hinzufügen: ein Vater oder eine Mutter sein, der/die die Interessen des Kindes vor die eigenen Interessen stellen kann. Als Eltern auf festem Boden stehen, damit die Kinder sich auf sie stützen, sich ihnen anvertrauen können. Leiten ohne Zwang. Auf die ungewöhnlichsten Fragen antworten, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren. Offene Eltern sein, die das Kind nicht unter Druck setzen, damit es seinen eigenen Weg gehen kann. Mit einem Wort: ein echtes Vorbild für die Kinder sein: niemals grob miteinander reden, sich niemals mit seinem Partner vor den Kindern streiten, stets gut drauf sein, sich weiterbilden, Zukunftspläne haben, auf sich selbst achten, niemals schwach werden, seine Versprechen halten, in jeder Situation Haltung bewahren, …
Und logischerweise müssen solch gute Eltern auch ideale Kinder hervorbringen…, denn „gute Eltern bringen gute Kinder hervor“, heißt es oft. Sie haben möglicherweise in der Vorstellung gelebt, dass nichts dieses perfekte Bild trüben könnte, dass Ihre Kinder brav, gehorsam, höflich, erfolgreich in der Schule sein würden, sich Ihnen gegenüber loyal und dankbar für alles, was Sie für sie getan haben, verhalten würden…
Sie haben wie viele andere Paare sicher auch gedacht, dass Ihre Paarbeziehung mit den Kindern enger würde.
Die Rückkehr auf den Boden der Tatsachen ist manchmal schwierig
Ideale Eltern, ein ideales Paar, ein ideales Kind… Wir alle haben das Bild der Traumfamilie vor Augen. Ein etwas verrückter Traum, in der Tat. Und dann kommt eines Tages die Realität daher, mit all ihren Problemen, die aber nichts Außergewöhnliches sind:
- Eine Schwangerschaft, in der man sich ruhig verhalten muss, die Sorge um die Gesundheit des Kindes, ein eingeschränktes Sexualleben, eine schwierige Geburt, eine nicht so harmonische Stillzeit…
- Ein Baby, das ständig schreit, das weder nachts noch tagsüber durchschläft, das einem wenig Zeit für sich und seine Bedürfnisse lässt…
- Ein Partner von dem Sie sich entfremden, weil die Prioritäten sich verlagert haben…
- Ein manchmal turbulentes Kind mit einer Persönlichkeit, die nicht so einfach zu formen ist, ein Kind, das heranwächst und seinerseits Kritik an Ihnen ausübt…
- Als Eltern fängt man an zu zweifeln, man begeht Fehler, es stellen sich typische Ängste ein wie „Mache ich hier etwas falsch? Täusche ich mich in dieser Hinsicht? Ist mein Kind nicht wie die anderen?“
Der Erwachsene, der zu sehr an seinem „perfekten“ Ideal haftet, kommt nur sehr schlecht mit der Kluft zwischen Traum und Alltag zurecht. Um erneut zu diesem Ideal zu finden, ist mancher versucht, die „Kluft zu überwinden“, indem er dem Ideal hinterherläuft, bis zur Erschöpfung und zum völligen Realitätsverlust.
Was sollen wir also mit diesen Idealbildern anfangen?
Es fällt sehr schwer, sich von den Idealbildern aus der Kindheit zu lösen. Die gute Nachricht aber ist, dass diese Bilder nicht unbedingt schädlich sind. Im Gegenteil, diese Bilder können Ihnen bei Ihrer Elternschaft hilfreich sein, als „Kompass“ dienen: diese Bilder sind dazu da, um Ihnen die Richtung zu weisen. Sie sind das Ideal, das Ihnen als Spur dient, damit Sie wissen, wohin Sie Ihren Fuß als nächstes setzen. Das Idealbild spielt also eine wichtige Rolle: der Wunsch, sich selbst zu übertreffen, die besten Eltern der Welt zu sein, ist eine ausgezeichnete Motivation. Und es ist auch sehr beruhigend, dank der Idealvorstellungen zu wissen, in welche Richtung Sie sich bewegen müssen, um diese zu erreichen.
Darüber hinaus erinnert dieses Ideal Sie auch daran, dass Kinder Eltern brauchen, die sie lieben, die für sie da sind, damit sie wohlbehütet aufwachsen. Ihre Verantwortung als Eltern besteht darin „so gut wie möglich“ zu Ihren Kindern zu sein. Sie sollten den Kindern nicht alles erlauben oder sie sich selbst überlassen, nur unter dem Vorwand, dass sie möglichst wenig Druck auf Ihre Kinder ausüben wollen. Kinder großziehen ist eine ernsthafte Aufgabe. Wenn Sie aber von Ihrem Ideal besessen sind, es als absolut betrachten, wird es Sie erdrücken. Es hindert Sie daran, stolz auf das zu sein, was Sie sind. Dann bleibt der Nachgeschmack des Unvollkommenen…
Die goldene Mitte zwischen „alles richtig machen“ und „alles laufen lassen“
Um nicht den Fehler der Jagd nach der „Perfektion“ zu begehen und dennoch einen Nutzen aus Ihrem Ideal zu ziehen, lehnen Sie sich hin und wieder zurück und lernen Sie sich selbst als Eltern schätzen.
- Blicken Sie einfach auf das, was Sie bereits ganz gut machen (die Punkte des Programms der „idealen Eltern“, die Sie bereits umgesetzt haben, statt sich auf das zu versteifen, was Sie noch nicht erreicht haben.
- Seien Sie stolz auf den Weg, den Sie zurückgelegt haben, statt frustriert auf die Wegstrecke zu blicken, die vor Ihnen liegt, denn es gibt keine Elternschule. Sie lernen mit Ihren Kindern, im gleichen Rhythmus, wie diese heranwachsen.
- Es ist auch sehr wichtig, sich selbst auf die Schultern zu klopfen für alles, was Sie jeden Tag für Ihre Kinder tun. Das mag banal erscheinen, aber da liegt das Herz des Familienlebens: Ihre Präsenz im Alltag, sich kümmern, zuhören, das tägliche Einerlei (Essen, Gute-Nacht-Geschichte, zur Schule oder zur Tagesmutter fahren und wieder abholen, mit den Kindern spielen oder basteln…).
Einige Ideen, um Ihnen zu helfen :
Führen Sie mit Ihren Kindern und Ihrem Partner das „Glückwunsch-Spiel“ ein: jede Woche beglückwünscht jeder die anderen für eine gute Tat oder ein gutes Wort. Zu diesem Zweck ist ein Satz einzuführen, wie „In dieser Woche gratuliere ich X für das was er/sie … gesagt/getan hat. Dieses Ritual, das so einfach ist, hat einen doppelten Nutzen:
- Es bietet Ihnen Gelegenheit, Ihren Kindern zu sagen, wie sehr Sie sich über sie freuen (was für die Qualität Ihrer Beziehung von erheblichem Nutzen ist).
- Es wird ihnen die Möglichkeit bieten, Ihnen zu helfen, gut über sich selbst als Eltern zu denken.
Die Kinder werden Sie oft für Dinge beglückwünschen, die Sie als banal empfinden, die aber in ihren Augen sehr wichtig sind: ein Essen, das ihnen gut geschmeckt hat, eine Unterstützung, die sie von Ihnen erhalten haben, ein kleines Spiel, das Sie mit ihnen gespielt haben… Bei den jüngeren Kindern, zögern Sie nicht auf Märchen und Spiele zurückzugreifen, die ganz speziell hierfür entworfen worden sind. Bei Jugendlichen bestehen unterschiedliche Möglichkeiten, das „Glückwunschritual“ auszuführen (kleine Merkzettel, SMS …).