Warum wird heute von „Burnout“ gesprochen?

Bevor die Merkmale erklärt werden, muss man „hinter die Bäume sehen", um „den Wald" zu analysieren...
Der Begriff Burnout ist in den letzten zehn Jahren in den Praxen der Allgemeinmediziner und der Arbeitsmediziner aufgetaucht. Es gehört zu den neuen Krankheitsbildern der Überlastung bei der Arbeit, die man vorher nicht gesehen hat. Diese neuen Erkrankungen stehen in Verbindung mit den großen Veränderungen der Arbeitsbedingungen, die wiederum eine Folge der Veränderung des Wirtschaftsmodells in den 80er Jahren sind.
Das Burnout oder die „berufliche Erschöpfung“ steht also in direkter Verbindung zur Arbeitswelt. Die Arbeit ist sicherlich nicht die einzige Quelle der Erschöpfung, andere Situationen des alltäglichen Lebens können sicherlich auch ermüdend sein. Doch das Burnout steht insbesondere in Zusammenhang mit übertriebenen Arbeitszwängen, die mehr oder weniger gut vom Arbeitnehmer „verdaut“ werden, je nachdem ob er sich den Veränderungen seiner neuen Arbeitsumgebung anpasst oder nicht.
Burnout bedeutet wortwörtlich, dass die Person „ausgebrannt“ ist und keine Energiereserven mehr hat. Dass die Reserven erschöpft sind, da zu viel Energie verbraucht wurde…
Es gibt so viele Metaphern, um diesen Zustand der Erschöpfung einer Person auszudrücken. Dieser Zustand entsteht dadurch, dass die Arbeitnehmer in den Unternehmen immer neuen, andauernden „organisatorischen Stressfaktoren“ gegenüberstehen, die das Verhältnis des Individuums zu seiner Arbeit verändert haben. Um das Phänomen des Burnouts zu verstehen, muss man also das „subjektive Verhältnis“ des Individuums zu seiner Arbeit unter die Lupe nehmen und die Neustrukturierungen der Unternehmen in den letzten 30 Jahren berücksichtigen.
Welches sind die ersten Signale?
Die Signale lassen sich drei Stufen zuordnen, vom „weniger“ Schlimmen zum Schlimmeren, und addieren sich:
1. Stufe: Nach und nach in einem schleichenden Prozess und innerhalb mehrerer Monate treten Erschöpfungssignale auf der Arbeit auf. Dies sind die ersten Zeichen für ein Burnout. Man braucht mehr und mehr körperliche, aber auch mentale Energie, um die Arbeit zu erledigen, die man vorher ohne größere Schwierigkeiten machte.
Die empfundene Erschöpfung ist zuerst einmal körperlich und äußert sich durch Schlafstörungen, Müdigkeit, Muskelschmerzen, Verdauungsschwierigkeiten (Bauchkrämpfe, einen „Knoten“ im Magen), Atemprobleme (Gefühl der Beklemmung, der Atemlosigkeit) und Herzbeschwerden (beschleunigter Herzschlag) usw.
Zu diesen körperlichen Symptomen gesellt sich eine kognitive Erschöpfung – mit nachlassender Konzentrations-, Gedächtnis-, Synthesefähigkeit – und eine emotionale Erschöpfung – mit Gefühlen der Frustration, Reizbarkeit und einem Motivationsverlust.
2. Stufe: Es stellt sich ein affektiver Verlust gegenüber der Arbeitsumgebung ein, insbesondere gegenüber den Mitarbeitern und Kollegen und, was noch schlimmer ist, gegenüber der Kunden, der Patienten... Dies ist eine, im Nachhinein inadäquate, Abwehrstrategie, um sich vor den anderen zu schützen. Indem die Person sich ins Abseits stellt, denkt sie fälschicherweise, dass sie den Blicken der anderen weniger ausgesetzt sei. Es handelt sich um eine Form der „Desaffektation“, der „Depersonalisierung“: „Ich bin nicht empfänglich für das, was mich umgibt bzw. diejenigen, die mich umgeben.“ Die Umgebung wird später sagen „Was ist mit ihm los? Er ist doch nicht mehr er selbst, das…“ angesichts der ungewohnten Verhaltensweisen und der Zurückgezogenheit, des In-sich-gekehrt-Seins und der Gleichgültigkeit gegenüber der Ereignisse auf der Arbeit.
3. Stufe: Schließlich tritt ein Verlust des Arbeitssinnes ein und ein Verlust dessen, was es der Person vorher ermöglicht hat, sich in ihrer Arbeit zu entfalten. Zu der Erschöpfung und der Isolation kommt nun ein Verlust des Ideals, das es ermöglichte, sich in ihre Arbeit zu investieren, die Arbeit gut zu machen und durch sie Befriedigung und insbesondere Anerkennung zu erfahren. Arbeiten stärkte vorher auch das Selbstwertgefühl und gab der Person das Gefühl, in Bezug auf ihre Arbeit kompetent zu sein. Dies ist nun nicht mehr der Fall.